Die Zeiten sind hart, aber „modern“

Die Sprache der Modernisierung

Die Zeiten sind hart, aber „modern“. Sprachliche Inszenierung der sozialistischen Politik in Frankreich 1983 – 1986
1988, Hartung-Gorre-Verlag (Konstanz)

Meine politik- und sprachwissenschaftliche Dissertation zu einer Frage, die in Frankreich in den 80er Jahren besonders spannend zu beobachten war:
Wie vermittelt man eine politische „Wende“ durch die Sprache?

obermodern

Dieses Bild habe ich vor über 30 Jahren für die Gestaltung des Umschlags meiner Dissertation über das Schlagwort „Modernisation“ verwendet (siehe unten).
Schon damals habe ich gewusst, dass auch bei der Publikation einer wissenschaftlichen Arbeit eine ansprechende Verpackung ein wichtiges Element der Vermarktung ist:

Ein originelles Bild als Blickfang, das mit dem Thema nur assoziativ etwas zu tun hat – die Gemeinde Obermodern ist nach dem Fluss Moder benannt.
Dazu ein plakativer Titel, der durch einen informativen Untertitel inhaltlich erklärt wird.

Der Inhalt war damals ganz aktuell, denn ich habe von Herbst 1984 bis Anfang 1988 daran gearbeitet, also während der Regierungszeit von Laurent Fabius (bis 1986) – und dann während der Zeit der ersten „Cohabitation“ (linker Präsident – rechte Parlamentsmehrheit):
Das Wort „modernisation“ war das Schlüsselwort des im Juli 1984 neu ernannten, „modernen“ französischen Premierministers Laurent Fabius. Aber warum gerade dieses Wort? Und wie wurde es von den französischen Sozialisten „besetzt“ und zu einem sozialistischen Schlüsselwort gemacht? Welche Funktion hatte das Wort bei der Inszenierung einer neuen, eher sozialliberalen Politik? Und warum wurde es von den Franzosen so positiv bewertet? Diese Studie gibt eine sprach- und zugleich politikwissenschaftliche Antwort auf diese und andere Fragen.

„In wohl keiner anderen Ideologiekritik werden die programmatischen Implikationen der innersozialistischen Tendenzwende Frankreichs so genau und umfassend nachvollzogen.“ (Prof. Dr. Wolfgang Fach)

Seit den 90er Jahren kann man Ähnliches auch in Deutschland beobachten:
Mit dem inhaltlich gewendeten Schlagwort „Reform“, das die Bedeutung ‚fortschrittliche, für die Mehrheit der Bevölkerung positive Veränderung‘ praktisch verloren hat, werden auch unsoziale Gesetze einer neoliberalen Politik noch als notwendig und „alternativlos“ verkauft.

Deutsche Zusammenfassung:
„Begriffsbesetzung am Beispiel der Besetzung von modernisation durch die französischen Sozialisten 1983-1986″, in: Liedtke/Wengeler/Böke (Hg.): „Begriffe besetzen. Strategien des Sprachgebrauchs in der Politik“, Westdeutscher Verlag, 1991, S. 308-313
(Der Sammelband war das Ergebnis der 2. Arbeitstagung der AG „Sprache in der Politik“, die vom 8. bis 10. November 1989 in Düsseldorf stattgefunden hat – die Kollegen aus Ostberlin mussten ihr Referat noch in der Nacht aktualisieren!)

Resumé francais:
„Modernisation, l’occupation d’un mot-clé par le Parti Socialiste“,
in: Mots. Les langages du politique, No 22, 3/1990, S. 32 – 42
(Dieser Aufsatz ist über das französische Portal Persée als PDF-Datei zugänglich!)

Dissertation_Modernisation_Die Zeiten sind hart_1988

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